Es ist kalt, es regnet, es ist November in Deutschland. Das kann doch nicht alles gewesen sein – tagein, tagaus? Hamsterrad. Gleiche Gesichter, gleiche Farben, gleiche Wege. Frau weg – unbefriedigende Arbeit mein treuester Begleiter. Ich muss hier raus! Weg! Weit weg. Im Fernsehen läuft eine Dokumentation über Berggorillas in Ruanda. Ich will da hin. Quer durch Afrika, vom Atlantik zum Indischen Ozean, von Walvis Bay nach Mombasa, vom Hamster zum Gorilla, von der beklemmenden Enge zu Hause in die weite Wildnis Afrikas. Ich plane. Zunächst im Kopf, dann konkret.
Ein halbes Jahr später holen wir unsere Autos in Namibia aus dem Frachtcontainer und starten unsere Reise gen Osten. Zwischen Start und Ziel liegt ein ganzer, faszinierender Kontinent.
10.000 Kilometer und die Ungewissheit, was uns die nächsten 45 Tage erwarten wird.
Wir, das sind neun Expeditionsfahrzeuge, viele alte Freunde und neue Abenteuergenossen. Eine Gemeinschaft, die die Neugierde auf Afrika schon von Anbeginn an zusammenschweißt. Das Grau des Alltags haben wir nicht mitverschifft, die Routine haben wir über Bord geschmissen. Es begrüßt uns ein farbenfrohes, glühendes Afrika mit Farbstimmungen, die nicht nur uns, sondern vor allem die Seele erwärmen. Von der Atlantikküste mit ihren Kolonien von lachsfarbenen Flamingos und verschlafen grauen Robben zieht es uns ins Landesinnere. Namib heißt unser erstes Ziel. In der malerischen Wüste geraten wir in einen Sandsturm. Beim „Sandstrahlen“ werden Mensch und Material auf eine erste Probe gestellt: Fahrzeuge müssen geborgen werden, der Zeltaufbau wird zum Kraftakt, die Pasta wird mit Sandzusatz verzehrt. Den Wüstenfuchs im Camp scheint das Wetter nicht zu stören. Uns auch nicht.
Wir bekommen, was wir wollten: Fremde erleben – mit allen Sinnen.
FROST IN DER KALAHARI
In der Kalahari frieren wir trotz expeditionserprobter Schlafsäcke bis auf die Knochen. Genau wie unsere Wasserflaschen. Deutlich unter null Grad hatten wir nicht erwartet. Nach dem morgendlichen Auftauen von Mensch und Proviant entschädigt die Tierwelt der Kalahari vielfach: Giraffen, Hyänen, Warzenschweine, Gnus, Antilopen, Kudus, Springböcke ... nur die Löwen lassen auf sich warten.
Vor lauter Staunen vergessen wir ganz, zu fahren und damit unseren Zeitplan. Unsere Etappenziele sind anspruchsvoll und Afrikas Reize scheinen uns sirenenhaft immer wieder vom Tagesziel abhalten zu wollen. Im Dunkeln schaffen wir es wegen des Fesch-Fesch-Staubes und des Dickichts nicht, bis zu unserem Camp am Chapman´s Baobab, einem über 1000 Jahre alten Baum, der mit 45 Metern Umfang der drittgrößte Baum Afrikas ist und den schon der Entdecker David Livingstone als Landmarke und zur Übermittlung von Nachrichten nutzte. Am nächsten Tag lassen wir es uns nach der Durchquerung der Makgadikgadi Salzpfanne nicht nehmen, am Chapman's Baobab zu pausieren und den eindrucksvollen Baum zu erforschen.
Der Weg ist das Ziel, man muss aber auch mal innehalten. Ein unvergesslicher, lohnender Besuch der leider nicht wiederholt werden kann. Der Chapman's Baobab ist am 7. Januar dieses Jahres auseinandergebrochen und umgefallen. Gut, dass wir uns die Zeit genommen haben, ihn zu erleben.
HYÄNEN IM OKAVANGO-DELTA
Wir begegnen den ersten Elefanten und arbeiten uns über die vier berühmten Holzbrücken immer tiefer ins Okavango-Delta. Flusspferde, Krokodile und Schlangen machen jedes Verlassen des Geländewagens zum Adrenalin Kick. Hier sollte jede Wasserdurchfahrt wohl überlegt sein. An solch einer Furt treffen wir auf eine holländische Familie in einem alten Toyota, der sich festgefahren hat. Ehrensache für unseren Freund und Mechaniker Guus, der es sich nicht nehmen lässt, seine Landsleute aus dieser misslichen Lage zu befreien. Abends ziehen riesige Elefanten und Zebraherden stoisch an unserem Camp vorbei. Wir verstehen langsam. Jenseits von Afrika „mögen die Eingeborenen die Schnelligkeit nicht, so wie wir den Lärm nicht mögen".Von der Ruhe wohlig ermüdet, verkriechen wir uns in unsere gemütlichen Schlafstätten. Nachts machen sich hungrige Hyänen über Müll, Essensreste und Sandalen her und verhindern somit dringende Toilettengänge. Schnell haben wir gelernt: Camps in Afrika suchen nicht nur nach Ruhe, sondern ermahnen auch zur Ordnung.
WASSER AN DEN FÄLLEN
Wie setzen über den Sambesi. Eine kurze Fahrt nur, dann erreichen wir Livingstone, Hauptstadt der Republik Sambia. Nach Tagen im Camp sehnen sich alle nach neu geschätzten Errungenschaften der Zivilisation: einer Dusche, einem guten Abendessen und einem Drink mit Blick auf die Viktoria-Fälle. Die einheimischen Kololo nennen den Wasserfall Mosi-oa-Tunya, zu Deutsch: donnernder Rauch. Der Name verweist auf den Wasser Sprühnebel, der von den Fällen bis zu 300 Meter hoch aufsteigt und noch in 30 Kilometer Entfernung zu sehen ist. Hier haben wir uns einen Ruhetag und einen Sprung in den Angels Pool verdient. Akkus aufladen, bevor wir uns an unsere längste Tagesetappe wagen. Über 430 Kilometer, das meiste davon im Kafue Nationalpark. Marathon.
FEUER IM KAFUE NATIONALPARK
Wir starten im Morgengrauen, um das Kasabushi Camp am Westufer des Kafue zu erreichen. An diesem Tag sind kaum Tiere zu sehen. Ist das ein Zeichen? Unser Tross durchquert zahllose Wadis, überrascht in einer der Senken einen Leoparden der sich nur langsam von der Fahrbahn bewegt, bis wir vor einem ernstzunehmenden Buschfeuer stehen. Es wird nicht das einzige bleiben. Große Teile Sambias brennen in der Trockenzeit. Die Buschfeuer sind kaum zu löschen. Ein Inferno für die Tierwelt!
AB IN DEN BUSCH
Für unsere Strecke durch Sambia haben wir uns entschlossen, größere Straßen zu meiden. Unsere Geländewagen sind im artgerechten Terrain unterwegs, verlässliche Gefährte(n) für unseren getriebenen Wunsch nach Abenteuer. Wir suchen den direkten Weg durch den Busch von Nationalpark zu Nationalpark. Alle Fahrzeuge leiden unter den harten Schlägen der trockenen Hölzer. Sie zerschlagen Antennen, Schnorchel, Trittbretter und Scheiben. Besonders die großen Fahrzeuge haben herbe Verluste zu verzeichnen. Kleine Brücken müssen umfahren und Furten gesucht werden. Bei einer seiner Umfahrungen trifft unser „Dagga Boy”, der Alleingänger unter den Büffeln, auf seine Herde 300 Kaffernbüffel einige davon mehr als 600 Kilo schwer muss sich schweren Herzens aber wieder von seinen Artgenossen trennen, denn er ist jetzt Teil unserer Gruppe.
DIE GEFÄHRLICHSTE STRASSE AFRIKAS
Wir bewegen uns auf der Haupttransportroute von der Grenze Sambias zur Hafenstadt Dar es Salaam der gefährlichste Teil unserer Strecke. Über 800 Verkehrstote im letzten Jahr. Zahllose verunglückte und von der Straße geratene Lkw, Busse und Kleintransporter zeugen von den miserablen Straßenverhältnissen, der fehlenden Wartung der Fahrzeuge und dem waghalsigen Fahrstil der Verkehrsteilnehmer. Defensives Fahren ist angesagt. Plötzlich kommt mir als erstem Fahrzeug unserer Expedition ein Lastwagen halb auf meiner Fahrbahn entgegen. Die tiefen Spurrillen machen ein Ausweichen bei der Dachlast unseres Defenders gefährlich. Im Bruchteil einer Sekunde entscheide ich mich für den Weg durch ein Schlagloch, versuche die Last auf den anderen Reifen zu verlagern ein harter Schlag ein Pfiff ein Funkspruch zur Warnung das war die Felge. Langsam wird mir auch klar, warum mir die Trucks so entgegenkamen sie kennen die Strecke und ihre Löcher. Wir sind erleichtert, als wir unbeschadet unser Hotel in Dar es Salaam erreichen und Afrika von der West- zur Ostküste durchquert haben. Jetzt fehlen nur noch die Berggorillas.
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T | Nicolai Czerny F | Nicolai Czerny, Marie Leihener, Gregor Felix Nicolai, Dr. Klaus Riedel