OFF ROAD Expedition: Out of... Afrika 2015 Teil 2

Walvis Bay - Mombasa
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Was treibt einen zu den Berggorillas in Ruanda? Der zähe Alltag im Büro, der mich mit jedem einzelnen meiner Gedanken gefangen nimmt, und die unerwünschte Freiheit, in die mich meine Freundin kurz zuvor entlassen hat. Nichts hält mich im grauen Einerlei. Ich muss hier raus! In die Wärme Afrikas. Das Ziel? Neue Freiheit im Kopf erfahren.
22 strapaziöse Reisetage liegen hinter uns – und unser erstes Ziel ist erreicht: der Indische Ozean.


Dar es Salaam. Quer durch Afrika, von West nach Ost haben wir den Schwarzen Kontinent durchquert. Anfangs fremdeln wir noch etwas mit dem quirligen Treiben. Tausende Kilometer Ruhe für das Auge, Fahren in angenehmer Monotonie der landschaftlichen Weite haben uns reizbar gemacht. Lebhaft ist die afrikanische Hafenstadt. Und mit fast fünf Millionen Einwohnern durchaus beachtlich. Immerhin die größte Stadt Tansanias. Der Fischmarkt zieht uns in seinen Bann. Der gewöhnliche Alltag der Händler erscheint uns pittoresk, ungewohnte Gerüche steigen uns in die Nase, die sofort die Geschmacksnerven stimulieren. Abends genießen wir die reichhaltige Vielfalt der frischen Speisen und auch der sympathischen Weinkarte geben wir gerne eine Chance. Die Abwechslung zur wochenlangen monotonen Campküche ist mehr als willkommen. Zwei Tage Ruhe gönnen wir uns hier.

SCHNEE AM KILIMANDSCHARO

Gestärkt zieht unsere OFF ROAD-Karawane weiter, gen Nordwesten. Die Berggorillas warten doch auf uns. Die hügelige, weiche Landschaft trägt uns, wiegt uns fast in fahrerischer Harmonie. Sie ist ein wundervolles Mittel, um dem Kopf die verdiente Ruhe zu gönnen. Wir schrauben uns ins bergige Gefilde, wunderschöne Natur-Alleen säumen unsere Strecke. Es fühlt sich gut an, das Afrika der Weite. Banal mag es klingen, aber es ist einfach so: Hier ist es schön, sehr schön. Die Blitzer in jedem Dorf unterstützen unsere Entschleunigung. Sehr streng sogar. Bereits wenige km/h Überschreitung werden mit 30 000 tansanischen Schilling geahndet, 11 Euro. Die Rechnung geht auf. Langsam verstehen wir die Sprache der tansanischen Polizei und ihre Waffe: das Handblitzgerät. Am Wegesrand entdecken wir weitere Möglichkeiten, unser Geld loszuwerden und das viel lieber. African Street Food, ausschließlich in Plastiktüten als Essgeschirr kredenzt, so schmecken die Straßengerichte vorzüglich, ultrafrisch, heiß und vielfältigst raffiniert gewürzt.

Der Weg ist das Ziel und dieser soll uns zum nächsten Höhepunkt – im wahrsten Sinne des Wortes unserer Expedition führen: zum Kilimandscharo, dem mit 5895 Metern höchsten Bergmassiv Afrikas. Genauer gesagt ist der Mount Kibo die höchste gemessene Erhebung auf dem afrikanischen Kontinent. Nicht der Schnee am Kilimandscharo, sondern der Nebel macht uns einen Strich durch die Rechnung. In Wolken verhüllt, versteckt sich der Superlativ vor unserem Auge und dem unserer Kamera. Schade. Die Jahreszeit lässt den ersehnten Anblick einfach nicht zu. Dabei hatten wir so auf ein Erlebnis à la Hemingway gehofft: „... dort vor ihnen, so weit er sehen konnte, so weit wie die ganze Welt, groß, hoch und unvorstellbar weiß in der Sonne war der flache Gipfel des Kilimandscharo. Und dann wusste er, dorthin war es, wohin er ging.“ Im Fieberrausch auf der Suche nach der wahren Liebe. Wir suchen was anderes: die Freiheit. Und finden sie auf dem weiteren Verlauf unserer Reise.
Noch vor Sonnenaufgang machen wir uns auf den Weg zum Eingang des Ngorongoro-Kraters, der zum Nationalpark Serengeti gehört. Der Unaussprechbare ist ein Einbruchkrater, der durch den Einsturz eines mutmaßlich recht imposanten Vulkanbergs entstand. Seine Seitenwände sind zwischen 400 und 600 Meter hoch und formen eine muldenartige Ebene, welche einer unvorstellbaren Artenvielfalt an Tieren Geborgenheit bietet. Der Durchmesser des Kraters beträgt im Mittel beeindruckende 20 Kilometer und umfasst damit eine Fläche von über 26 000 Hektar. Im Schutz des Kraters findet die größte Raubtierdichte Afrikas ihre Heimat. Löwen sehen wir hier das erste Mal auf unserer Reise und besonders groß ist die Zahl an Zebras, Büffeln, Gnus, Antilopen und Gazellen. Fast schon inflationär. Ach ja, und Elefanten, deren Zahl zwar unbekannt ist, aber auch diese beeindruckend. Eine weitere Superlativmarke hat hiermit Einzug in unser Expeditionstagebuch gefunden. Überaus real.



Spätestens als wir am Rande des Kraters unser Camp aufschlagen und von Einheimischen am Morgen zu den Überresten eines gerissenen Zebras geleitet werden. Massai führen uns zu dem Löwenopfer. Getötet, ausgeweidet, verlassen. Über unsere vorherige Nacht und die theoretischen Raubtierbegegnungen möchte keiner weiter nachdenken. Das ist Natur, hautnah, brutal und was man hier nie vergessen darf trotz der sedierenden Schönheit und Ruhe Afrikas: wie gefährlich die Fremde sein kann.
Campen ist hier erlaubt, siedeln hingegen verboten, damit die alljährliche Wanderung der Millionen von Hufpaaren nicht gestört wird Serengeti darf nicht sterben.

Auf dem Weg Richtung Viktoriasee passieren wir Laetoli, wo uns unser Reisefreund Prof. Dr. Klaus Riedel mit einen beeindruckenden Ad-hoc-Vortrag überrascht. Die Geschichte über die mutmaßlich ältesten Spuren, die auf den aufrechten Gang des Menschen hinweisen, macht uns der Vortrag von Klaus erst richtig greifbar. Unweit der Fundstelle hinterlassen wir dann unsere eigenen Spuren im Sand in einer schwarzen, magnetischen Sanddüne, die solitär und pittoresk über die plane Ebene wandert, ohne sich zu verflüchtigen. Wir können kaum glauben, dass der Sand magnetisch sein soll. Unsere Neugierde siegt über die Vernunft und unbemerkt findet ein kleines Pröbchen Einzug in unser Gepäck. Zu Hause überprüfen wir die Anziehungskraft des dunklen Sandes mittels eines Magneten, und ja, es stimmt: der anthrazitfarbene Quarz klebt am Metall. Wahnsinn!


HOTEL RUANDA

Superlative werden zur Gewohnheit - sind aber nie gewöhnlich. Der Viktoriasee überrascht uns bei unserem Fährstich über einen Finger mit der zügigen Überfahrt. Sicherlich auch der afrikanischen Transportmethode geschuldet. Unser letztes Fahrzeug juckelt schief auf der Laderampe verzurrt über den größten See Afrikas.

Ruanda stimmt uns nachdenklich, vor allem unser Aufenthalt in Kigali. Wir logieren im Mille Collines, dem Hotel aus dem bedrückenden Film „Hotel Ruanda“. Noch bedrückender ist die Tatsache, dass der Oscar-nominierte Streifen auf wahren Begebenheiten beruht. Das Mille Collines und sein damaliger Manager Paul Rusesabagina haben 1994 während des Völkermordes mehr als 1000 Menschen Zuflucht geboten und diese vor dem sicheren Tod bewahrt. Bis zu 1 Million Tutsi und Hutu sollen dem grausamen Genozid in Ruanda zum Opfer gefallen sein.

Als umso ergreifender empfinden wir den herzlichen Empfang in Ruanda. In einem Dorf, wo wir unser Nachtcamp aufschlagen, umringen uns alle, inklusive Bürgermeister. Die Verständigung ist radebrechend, aber Gloria vermittelt mit wenig Englisch und viel Charme zwischen unserer Gruppe und den Einheimischen. Zu unserem gefühlten Schutz stellen diese Nachtwachen ab, nicht etwa weil es gefährlich sein könnte, sondern um uns ein gutes Gefühl zu geben. Gelebte Gastfreundschaft. Den Menschen in die Augen zu sehen, ist intensiv, die Gesichter sprechen Bände vom Geschehenen, von der Last und der wenigen Hoffnung in einem so gebeutelten Land. Da gibt man gerne das letzte Hemd, wenn auch nicht das eigene. Mein Co-Pilot verteilt gönnerhaft mein Hab und Gut. Ohne mein Beisein, aber mit meinem nachgelieferten Einverständnis.



BEGEGNUNG MIT EINEM SILBERRÜCKEN

Dem Ziel so nah – im Parc des Volcans. Im Morgengrauen sammeln wir uns am Treffpunkt. Wir werden in zwei Gruppen zu je sieben aufgeteilt. Zehn der 20 Gorillafamilien in Ruanda dürfen von bis zu acht Personen am Tag für eine Stunde besucht werden. Wir haben Glück, uns wurde die Pablo-Group zugelost, die mit 33 Gorillas – darunter vier Silberrücken – derzeit größte zusammenlebende Berggorillagruppe auf der Welt. Sie hält sich weit oben in den Bergen auf. Der Anstieg ist lang, steil und beschwerlich. Kein Problem – von Euphorie getragen, trauen wir uns das zu. Mit unserem Guide arbeiten wir uns mit unseren Fahrzeugen den Berg hinauf, bis die Piste in einen Pfad mündet. Hier geht es nur noch zu Fuß weiter. Langsam wird uns klar, warum es Gorilla-Trekking heißt. Über zwei Stunden steigen wir auf – einige wollen schon aufgeben, doch die Aussicht auf Berggorillas lässt uns an unsere Leistungsgrenzen gehen.

Im engen Dickicht des Dschungels flüstert uns Chupi, unser Führer, zu, wir sollen hier unsere Wanderstöcke und Rucksäcke ablegen. Auf einmal raschelt es hinter mir. Ein Blackback – so nennt man junge Gorillamännchen, deren Rückenfell noch nicht ergraut ist, der sich gemütlich durch das Unterholz frisst. Die hohen Blätterstauden bieten den Gorillas Schutz und eine reichhaltige Nahrungsbasis. Ich bin der Letzte in unserer Gruppe und meine Nichte Marie läuft vor mir. Wir wollen noch eine Gorilla-Dame fotografieren, als plötzlich ein wütender Silberrücken durch die Büsche bricht, sich mit seinen 200 Kilo mächtig vor uns aufbaut und mit den Fäusten überzeugend auf seine Brust trommelt. Schnell zieht einer der Guides Marie hinter sich.

Kurze Panik – was mach ich jetzt? Der junge Silberrücken kommt auf mich zu. Nur nicht direkt in die Augen schauen – keine schnellen Bewegungen – nicht laufen – nicht provozieren – unterwürfig sein. Die Regeln der morgendlichen Einweisung schießen mir durch den Kopf. Aber: „The gorilla does not know about distance.“ Langsam bewege ich mich zurück, bis sich der stolze Berggorilla von mir abwendet. Das Adrenalin pumpt durch meinen Körper, bis ich wieder zur Gruppe stoße. Unsere begrenzte Zeit ist schnell vorbei und wir machen uns an den Abstieg.
750 Dollar kostet eine Stunde Gorilla-Trekking, jede Minute ist das Geld wert. Und jeden Kilometer. 11 000 sind wir gefahren, um unsere Reise zu den Berggorillas anzutreten. Wir haben viel erlebt und viel gewonnen. Die Erlebnisse geben den Gedanken wieder neuen Raum. Für den Alltag und für neue Ideen, denn nach einer Reise ist immer vor der nächsten.

 


 
INTERVIEW MIT DEM REISETEILNEHMER CLEMENS TÖNNIES

Herr Tönnies, wie sind Sie auf die Idee gekommen, 10 000 Kilometer quer durch Afrika zu fahren?
„Dies war ein lang gehegter Jugendtraum von mir, einmal von Rheda nach Kapstadt zu fahren. Leider ließ die politische Lage diese Route nicht zu, so habe ich mich zu der OFF-ROAD Route entschieden.“

Liegt Ihnen diese Art des Reisens?

„Ja. Es ist eine letzte Variante von Abenteuer und Freiheit. Gerade die Möglichkeit, in der freien Natur zu sein, hat ihren besonderen Reiz.“

Was nehmen Sie von dieser Reise mit?

„Die unzähligen Bilder im Kopf, die Situationen und Erlebnisse. Das Reisen in dieser Art mit einer überschaubaren Gruppe war für mich neu und ich habe mich vom ersten bis zum letzten Tag sehr wohl gefühlt. Die Chemie passte, wie man so sagt. Die Vorfreude auf die Tour war schon groß und wurde durch die tatsächlichen Erlebnisse vielfach übertroffen. Mit anderen Worten: Es macht Hunger auf mehr.“

Drei Dinge, die man nochmal im Leben gemacht haben oder Plätze, die man besucht haben sollte? Was haben Sie sich noch unbedingt vorgenommen?
„Die Welt ist überall interessant; oft auf den ersten und manchmal auf den zweiten Blick. Mit dieser Art des Reisens ist man nah dran und es ist spannender. Mit der Walvis Bay-Mombasa-Tour hatten wir zwar fast 11 000 Kilometer Afrika befahren, aber wenn man auf die Karte schaut, gibt es da noch sehr viel mehr Sehenswertes. Der westliche Teil Afrikas würde mich interessieren und Südamerika übt auf mich auch eine große Faszination aus. Russland und die Mongolei stelle ich mir auch sehr spannend vor.“


Abenteuer und Erfolg – passt das zusammen? Sind Abenteurer erfolgreicher?
„Ich glaube, dass das ständig Neue und das Lösen neuer Situationen sehr stark vergleichbar ist mit dem erfolgreichen Führen eines Unternehmens.“

Haben Sie den Wäschetrockner in Ihrem Dagga Boy jemals benutzt? Oder welches Ausstattungsdetail haben Sie an Ihrem Expeditionsmobil am meisten geschätzt?
„Ich habe mich sehr schnell als Hausmann etabliert. Insbesondere hat mir das Kochen, Wäschewaschen und Ordnung in unserem Mobil zu halten Spaß bereitet. Ich kannte diese Seite an mir noch nicht. Wieder zurück zu Hause werde ich gerne von meiner Familie im Spaß an diese Seite erinnert.“

Verraten Sie uns Ihr Geheimnis Ihres Erfolges?
„Das ist von allen Fragen die einfachste. Fleiß, Handschlagtreue, Leidenschaft und Mut; mehr Zutaten sind es nicht. Diese tagtäglich zu leben, ist nach meiner Auffassung das offene Geheimnis des Erfolges.“

 

 

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T | Nicolai Czerny F | Nicolai Czerny, Geli Czerny, Gregor Felix Nicolai, Dr. Klaus Riedel

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