Treffen der Generationen

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Der Willys Overland MB war der erste aller Jeeps, ohne dass er jemals offiziell so genannt wurde. Erst später nämlich entwickelte sich aus dem Spitznamen ein Markenname. Wir haben ein Treffen zwischen dem Urgroßvater und dem aktuellen Wrangler arrangiert. Natürlich im Gelände.

Der Klang des Go-Devil-Vierzylinders ist eine Geschichte für sich! Er knattert, läuft nicht ganz rund, verschluckt sich gelegentlich und hat irgendwas Stures an sich, so als wolle er einfach nie ausgehen. Dabei war es gar nicht so einfach, den Oldie überhaupt ans Laufen zu bekommen, denn just als wir den ersten aller Jeeps vom Hänger rollten und ihn anwerfen wollten, streikte der Anlasser. Mit Muskelkraft und gutem Zureden schafften wir es aber, den auch im hohen Alter noch verblüffend agil wirkenden 2,2-Liter-Benziner zum Anspringen zu bewegen. „Jetzt bloß nicht abwürgen“, schießt es mir durch den Kopf. Nicht nur, weil mir der Spott der Versammelten dann sicher wäre, sondern auch, weil wir langsam anfangen müssen.



Gutes Fotolicht ist dieser Tage rar und die Bedingungen sind alles andere als perfekt. Normalerweise würde ich einem Oldie dieses Wetter gar nicht zumuten:
Der Hochnebel hält sich noch hartnäckig im Langenaltheimer Steinbruch, nur zaghaft kommen ein paar Sonnenstrahlen durch und die letzten Tage hat es geregnet. Aber der Willys hält ja einiges aus, schließlich durchquerten Fahrzeuge seiner Art den europäischen Westen schon in den 40ern, um dem Krieg endlich ein Ende zu setzen.

Andere Militärfahrzeuge genießen bei uns eher einen zweifelhaften Ruf, doch der Willys wird allerorten begrüßt, sogar gefeiert als Symbol des nun schon so lange andauernden Friedens in Europa. Diese Sympathie überträgt sich auch auf die Nachfolgegenerationen des MB, deren aktuellstes Modell, der Wrangler JK, es ebenfalls nach Langenaltheim geschafft hat.

Es ist faszinierend, wie viele Ähnlichkeiten man tatsächlich zwischen den beiden Fahrzeugen finden kann, vom Kühlergrill über die Art und Anordnung der runden Leuchten und die starren Achsen, die per Klauenkupplung in Gleichschritt gesetzt werden, bis hin zur nach wie vor (wenn auch mit einigem Aufwand) umklappbaren
Frontscheibe und der Fahrzeuggrundform mit ausgestellten Radhäusern und dem konsequent beibehaltenen Softverdeck.



Wobei es sich beim Willys eher um ein zu klein geratenes Bikini-Top handelt und man selbst auf den Komfort einer Tür verzichten muss, von einer Heizung ganz zu schweigen. Da hat man es im modernen Wrangler schon bequemer.

CHANCEN NUTZEN

Ich steige über den Seitenholm in den Willys und nehme auf dem fest verschraubten, dünn gepolsterten Fahrersitz Platz. Der Tank befindet sich genau unter mir (eine seltsame Anordnung, fuhr man mit dem Wagen doch auch ins Gefecht).
Es gibt überraschend viele Bedienelemente links vom Lenkrad, dessen blankes Metall kalt und dünn in der Hand liegt.

1.
Volle Hütte: Man findet verblüffend viele Bedienelemente im Cockpit
des Willys. Außer einer Heizung vermisst man wenig. Der martialisch
anmutende Gewehrhalter erinnert an die Militärvergangenheit.
2.
Hart im Geben: Die Sitzpolster liegen auf Metall, der Tank befindet
sich direkt unter dem Fahrer. Großgewachsene haben echte Schwierigkeiten,
eine Sitzposition zu finden, da sich das Gestühl nicht verstellen
lässt.


Der erste der drei Vorwärtsgänge liegt unten links, ob ich ihn getroffen habe, kann ich nicht sagen. Um das Gas zu betätigen, muss ich den Fuß etwas unter das Bremspedal stellen, das Kupplungspedal hat extrem viel Weg, greift erst auf dem letzten Zentimeter. Ein beherzter Gasstoß – und wir sind unterwegs.
In den alten Filmen haben die GIs immer ihren Fuß auf den Türrahmen gestellt, für größere Fahrer unmöglich, aber für mich perfekt und auch gleich viel komfortabler.

Der Go-Devil-Motor hatte irgendwann einmal 60 PS, das reicht, um ganz ordentlich voranzukommen, schließlich wiegt so ein Willys nur knapp 1100 Kilogramm. So wird der Offroader dann gut 100 km/h schnell. Aber darum geht‘s heute nicht. Schließlich sind wir im Gelände und hoppeln fröhlich durch den Steinbruch.

3.
Auf geht‘s, Teufel!
Der Go-Devil-2,2-Liter-Vierzylinder macht
eigentlich wenig Probleme, hat aber
gehörigen Durst.
4.
Gerüstet: Schaufel, Axt und Feuerlöscher gehören
zur Grundausstattung des Willys MB.


ANDERE WELT

Natürlich ist der moderne Wrangler viel komfortabler und auch um einiges fähiger als der Willys, es ist aber irre zu sehen, wie viel von der „alten“ Technik es bis heute imGeländewagen gibt und wie stolz Jeep auf die eigene Geschichte sein kann. Der aktuelle Wrangler ist genau das: Ein genialer Geländewagen, der nach wie vor an den Dingen festhält, die seinen Vorfahren legendär machten. Die kann man im Willys erfahren und das tue ich auch. Wer weiß, ob ich nochmal die Chance bekomme mit dem Uropa aller Jeeps im Dreck zu spielen?

Technische Daten

Willys Overland MB

Motor:Otto, 4-Zylinder-R, vorn längs
Hubraum:2.199 ccm
Leistung:45 kW/60 PS bei 4.000 U/min
max. Drehmoment:142 Nm bei 2.000 U/min
Getriebe:3-Gang-Schaltgetriebe
Verteilergetriebe:2-stufig
Allradantriebmanuell zuschaltbar
Vmax:100 km/h


T | Marc Ziegler F | Markus Kehl


Lesen Sie den gesamten Bericht in Ausgabe 01/18 der OFF ROAD:

OFF ROAD Ausgabe 01/18
Erstverkaufstag: 12.12.2017

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