Jeep Wrangler Unlimited Rubicon 3.6 by ORZ

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Der brandneue Jeep Wrangler findet seinen Weg erst im Laufe des Jahres offiziell über den Großen Teich. Viel zu spät, meint Patrick Schittko von ORZ. Also hat er sich einen Rubicon aus den Staaten kommen lassen.

Wenn man für eine Marke wirklich brennt, möchte man natürlich auch immer zu den Ersten gehören, die ein neues Produkt anbieten können. Der neue Jeep Wrangler ist in den USA längst vorgestellt und auch die Europavariante feierte im März in Genf ihre Premiere. Bis die ersten Autos aber offiziell über den Großen Teich zu uns kommen, kann es noch etwas dauern, erst in der zweiten Jahreshälfte erwarten wir die Euro-Wrangler, die dann als Zweiliter-Turbobenziner mit 265 PS oder als 2,2-Liter-Diesel mit 200 PS Leis-tung unsere Straßen bevölkern werden. Viel zu spät, befand Patrick, vor allem weil er die gefragtesten Umrüstteile für den JL schon testfertig hatte.



Flugs kaufte er also einen Rubicon in den Staaten und ließ ihn nach München schicken. Kaum auf dem Hof, war die Karre auch schon zerlegt, das Zubehör verbaut und der Bordcomputer umprogrammiert. „Wir sind zum Glück in der Lage, tief in die Systeme einzugreifen. Unsere Anzeigen sind daher jetzt wie gewohnt auf Deutsch und die Rückleuchten auf Europa-Standard umprogrammiert.“ Zudem bekam der Wrangler eine 2,5-Zoll-Höherlegung, 37er-Räder, eine Anhängerkupplung, Trittbretter und einen neu entwickelten Doppellenkungsdämpfer.



Die Rad-Reifen-Kombination kommt einem mit 37x12,5 R17 auf 8,5x 17-Zoll-Bawarrion-Felgen auf den ersten Blick gar nicht so ungewöhnlich vor, schließlich fahren auch viele JK mit ähnlichen Dimensionen herum. Die brauchten aber alle mindes-tens eine 4,5-Zoll-Höherlegung, sonst passten die Räder nicht in die Radhäuser. Patrick war selbst überrascht. „Wir haben eine verstärkte Reserveradhalterung verbaut. Die kommt ein bisschen höher und wir können ein ordentliches fünftes Rad mitnehmen, ohne die Hecktür zu sehr zu strapazieren. Wenn die großen Räder schon so problemlos passen!“ Federn und Dämpfer blieben vorerst unangetastet.



Probleme gabs bei den Leuchten: „Die US-LED-Lampen sind mit Pauken und Trompeten durch die Tests gefallen! Die sind viel zu hell. Die EU-Versionen mussten wir aus den USA kommen lassen. Würde ja auch keinen Sinn machen, die hier vorrätig zu haben.“ Die Frontstoßstange durfte am Importfahrzeug verbaut bleiben, obwohl sie über die roten Zughaken und abnehmbare Seitenteile verfügt. Eine Windenaufnahme ist von vornherein vorgesehen, daher wurde nicht lange gefackelt und ein Bergehelfer eingebaut. Schittko plant, den Stoßfänger fit für den deutschen Markt zu machen. Im Aftermarket könnte das sogar klappen.



PENTASTAR

Unter der schicken neuen Haube mit Powerdome und großen Entlüftungskiemen arbeitet ein alter Bekannter: der V6-Pentastar mit 284 PS Leistung und einem maximalen Drehmoment von 353 Newtonmetern. Das ist weniger, als der 2-Liter-Turbo bereitstellt (400 Nm), dafür schöpft der V6 seine Kraft aber ohne Aufladung aus 3,6 Litern Hubraum. Schon der Sound des Sechsenders kann überzeugen. Unaufdringlich sonor grummelt er unter der Haube. Die Gasannahme ist direkt und der blecherne Klang bei höheren Drehzahlen ist gänzlich verschwunden.



Die Servolenkung arbeitet nun elektrisch und obgleich die Räder und der Doppel­lenkungsdämpfer die Charakteristik etwas verschleiern, erscheint sie nicht zu leichtgängig und deutlich präziser als im Vorgängermodell. Erstmals fand auch das Achtgang-Automatikgetriebe von ZF seinen Weg in den Kletterkünstler. Völlig unaufgeregt und souverän sortiert es die Gänge und hält ­dabei die Drehzahlen vergleichsweise niedrig. Selbst mit den großen Rädern wird der Wrangler laut Patricks Aussage nicht übermäßig durstig. Unsere Testfahrt reichte zwar nicht aus, um sich ein Urteil zu bilden, nach den ersten Geländeausflügen scheinen 12-14 Liter offroad aber realistisch.



SCHNELL VOM TEER

In Windeseile suchen wir uns ein Fahrgelände und können endlich den Allrad aktivieren. Auch beim JL wird der Rubicon seinen Rock-Trac getauften Zuschaltallrad behalten und die Reduktion entspricht mit einem Faktor von 4:1 ebenfalls dem Vorgängermodell.



Die Steuerung für die beiden Differenzialsperren und den beim Rubicon entkoppelbaren vorderen Stabilisator wanderte in die Mittelkonsole. Neu ist, dass es eine eigene Taste gibt, mit der beide Sperren gleichzeitig gelöst werden können. Eine großartige Neuerung, da damit das Handling erleichtert wird. Das Multifunktionsdisplay in der Armaturentafel bekam zudem Offroad-Ansichten mit Darstellungen des Antriebsstrangs und des Lenkwinkels sowie der Neigung des Fahrzeuges in Längs- und Querrichtung. Insbesondere in schwierigem Gelände kann man sich so an die Möglichkeiten des Autos herantasten.



Die sind schon beim Serienfahrzeug beachtlich: Die Böschungswinkel liegen beim Rubicon bei 44 Grad vorne und 37 Grad hinten, der Rampenwinkel beträgt 23 Grad. Eine Steigfähigkeit von 45 Grad versteht sich praktisch von selbst, die Wattiefe liegt bei 762 Millimetern (30 Inch). Auf unserer Testfahrt erreichten wir einen seitlichen Kippwinkel von 31 Grad. Da das Gelände aber stark verworfen und der Untergrund weich war, wollten wir es nicht auf die Spitze treiben. Auch in stark verworfenem Terrain fällt auf, wie komfortabel der neue Wrangler ausgelegt ist.



Möglicherweise bekommen die Europaversionen noch einmal andere Dämpfer, das US-Setup konnte uns aber schon einmal überzeugen. Anfänglich bewegt sich die Karosserie beim Beschleunigen recht intensiv, der Wrangler hebt die Front und senkt sich in die hintere Feder, dann spürt man aber eine deutliche Federprogression, wodurch sich der Wagen schnell wieder beruhigt. Die Kombination aus Riesenrädern und weichem Setup macht den Rubicon von ORZ also wahrlich nicht zum Rennwagen, im Gelände überzeugte der US-Import aber auf ganzer Linie. Gefühlsmäßig müssten auch die Verschränkungswerte mindestens auf dem Niveau des Vorgängers liegen, was wir aber erst in einem Test mit dem endgültigen Europamodell bestätigen werden.



Zumindest ist der Wagen so flexibel, dass die 37er-MTs in der Maximalverschränkung dann nämlich doch am Innenradkasten anecken. Patrick bringt das nicht aus der Ruhe, auch wenn das Geräusch unangenehm ist. „Die bestehen aus flexiblem Kunststoff und das nächste Metallteil ist noch mindestens zehn Zentimeter entfernt.“ Schade nur, dass wir den Sechszylinder nicht offiziell bekommen werden. Aber auch dafür hat Schittko die Lösung: „Dann bauen wir eben einen V8 ein.“



T | Marc Ziegler F | Markus Kehl

OFF ROAD Ausgabe 06/18
Erstverkaufstag: 08.05.2018

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