Go for Gold, Stéphane!

Rallye Dakar 2013
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Nach drei Siegen für Mitsubishi fährt Offroad-Ausnahmesportler Stéphane Peterhansel für das Mini-X-raid-Team souverän den zweiten Dakar-Titel nach Hause und setzt somit eine neue Marke im Offroad-Rallyesport – fünffacher Pkw-Dakar-Champion! Alle Fakten und Hintergründe.

Seitdem die Dakar in Südamerika stattfindet, entfernt sie sich nicht nur räumlich immer noch weiter von ihren Ursprüngen (siehe Dakar-Historie). Das Biwak der Dakar-Rallye verdient diesen exotischen Namen schon fast nicht mehr. Fahrerlager: Der Name kommt von der Rundstrecke und passt mittlerweile eigentlich besser. Während die Topfahrer sowieso alle in Hotels übernachten, rücken andere Teams teilweise mit luxuriösen Motorhomes an. Die Biwaks bei den großen Städten werden zudem gern von geladenen VIPs in schicken Klamotten besucht, die in den Loungebereichen der Sponsoren abfeiern. Da kommt man sich als armer Rallyeteilnehmer vor wie ein Obdachloser, wenn man sich nachts unter den Augen der Partygäste dreckig in seinen Schlafsack quält. Da die Wildnis, in der das Rennen stattfindet, meist weitab von den Städten ist, wo nun die Biwaks sind, gibt es lange Überführungsetappen. Die Dakar 2013 hatte mehr Überführungskilometer auf öffentlichen Straßen als Wettbewerbskilometer. Dass dies nicht unbedingt ein Gewinn für die Sicherheit ist, zeigen die beiden tragischen Unfälle mit drei Toten auf Überführungsetappen. Die Biwaks sollten da sein, wo die Rallye ist, und nicht da, wo sie für die Show und den Ertrag des Veranstalters am besten passen. Ein wenig Afrika würde hier der Rallye für meinen Geschmack wieder mal ganz guttun. Außer auf die favorisierten Minis des hessischen X-raid-Teams und die südafrikanischen Toyota Hilux war man, mit großer Erwartung, auf das neue Jeffreys-Buggy-Team gespannt. Dass sich ausgerechnet die einstigen Kontrahenten und Dakar-Sieger Carlos Sainz und Nasser Al Attiyah als ein Team finden würden, darauf hatte auch keiner gewettet. Eine Heirat aus Liebe war das sicher nicht. Tatsächlich rockten die beiden Chevy-V8-Buggys aus Kalifornien anfangs auch das Feld.


ETAPPE 1
Carlos Sainz gewinnt die nur 13 Kilometer lange Wertungsprüfung auf der 263 Kilometer langen Einführungsetappe von Lima nach Pisco, während sich Robby Gordon im Hummer-Buggy ordentlich einbuddelt und dank defektem Rückwärtsgang reichlich Zeit einbüßt.

ETAPPE 2
Auf der zweiten Etappe, ein 327-Kilometer-Rundkurs durch die Dünen um Pisco, siegt Wüstenfuchs Stéphane Peterhansel und übernimmt die Gesamtführung. Sainz und Al Attiyah verlieren aufgrund von Navigationsproblemen wertvolle Zeit, während De Villiers und Dirk von Zitzewitz den Weg sofort finden und auf den zweiten Platz vorfahren. Matthias Kahle vertut im Sand viel Zeit und wird nur 34., Stefan Schott und Stefanie Manns haben ebenfalls erhebliche Probleme in den tiefsandigen Dünen.

ETAPPE 3/4
343 Kilometer von Pisco nach Nazca. Nasser Al Attiyah gewinnt, während sich Carlos Sainz schon mit ersten Elektrikproblemen am Schwesterbuggy rumplagt. Am Folgetag verkürzt Al Attiyah mit einem weiteren Sieg auf dem 717 km langen Weg von Nazca nach Arequipa den Rückstand zu Peterhansel auf 5 Minuten.

ETAPPE 5
Die 509 km von Arequipa nach Arica sind hingegen „Mini“-Land, Roma siegt vor Peterhansel und Al Attiyah verliert 5 Minuten durch einen Navigationsfehler.

ETAPPE 6/7
Einen weiteren Tagessieg fährt Al Attiyah auf der 785 km langen Etappe von Arica nach Calma ein, während sein Teamkollege Sainz seinen Buggy mit Motorschaden abstellen muss. Stéphane Peterhansel holt einen weiteren Tagessieg auf der 754- Kilometer-Etappe von Calma nach Salta. Al Attiyah kämpft mit technischen Problemen und wird nur Sechster.

ETAPPE 8
Die Etappe von Salta nach San Miguel de Tucumán wird wegen sinflutartiger Regenfälle verkürzt. Guerlain Chicherit holt den ersten Sieg für einen SMG-Buggy, Peterhansel kommt als Sechster und damit Letzter ins Ziel. Alle Nachfahrenden müssen die Etappe abbrechen und erhalten seine Tageszeit. Glück für Al Attiyah, der sich hoffnungslos festfährt. Am Ruhetag im nordargentinischen San Miguel de Tucumán sieht noch alles nach einer Fortsetzung des spannenden Duells zwischen Stéphane Peterhansel und Nasser Al Attiyah aus. Gerade mal drei Minuten trennen die beiden. Doch es kommt anders!

ETAPPE 9
Am Tag darauf versagt die Wasserpumpe am Chevy-Motor von Nassers Buggy auf dem mit 852 Kilometer endlos langen Weg von San Miguel nach Córdoba und beschert ihm das vorzeitige Aus. Peterhansel, der nach seinem Teamkollegen Nani Roma Zweiter wird, führt nun mit 50 Minuten vor De Villiers.

ETAPPE 10
Der Argentinier Orlando Terranova holt sich auf heimatlichem Boden, der 632-km-Etappe von Córdoba nach La Rioja, im BMW X3 den Tagessieg. Matthias Kahle holt mit Platz 10 auf, aber der Weg in die Top Ten ist noch weit.

ETAPPE 11
Die Königsetappe der Südamerika-Dakar von La Rioja nach Fiambalá mit dem größten und schwersten Offroad-Anteil wird auf 315 km verkürzt, die WP wird wegen starken Regens nach 53 km sogar abgebrochen. Zu diesem Zeitpunkt liegt der glücklose Robby Gordon vorn.

ETAPPE 12
715 km von Fiambalá nach Copiapo. Nani Roma siegt vor Robby Gordon und Giniel De Villiers. Peterhansel verliert einige Minuten in den Dünen.

ETAPPE 13
Die vorletzte, 735 km lange Prüfung (Copiapó-La Serena) fährt Peterhansel schon auf Sicherheit mit stark reduziertem Tempo. Gordon holt sich seinen einzigen Tagessieg vor Chicherit.

ETAPPE 14
Die 630 km lange Zieletappe nach Santiago de Chile gewinnt Roma vor Terranova.

FAZIT NACH KNAPP 9000 KM
Die Dakar 2013 lebte vor allen vom Duell Peterhansel gegen Al Attiyah – Allrad versus Buggy. Peterhansel nimmt mittlerweile einen Platz in der ewigen Bestenliste der Dakar ein. Sechs Siege mit dem Motorrad und fünf mit dem Auto. Fehlt nur noch das Podium mit einem Lkw! Beim Blick in die Ergebnislisten stellt man fest, dass auf den ersten 6 Plätzen außer dem Toyota (2.) nur X-raid Autos stehen. Drei Mini, ein X3 und der Haval Great Wall – unterm „Chinesenkleid“ ein alter X-raid-X3. Ähnliche Dominanz gab es nur zu Mitsubishi-Zeiten. Die Verlierer des aktuellen Regelwerks scheinen die Allradfahrzeuge mit Bezinmotor zu sein – und das sind leider genau die Autos, die vorwiegend von Amateurteams gefahren werden. Hier besteht, wie bei den Buggys, Handlungsbedarf, um Chancengleichheit zu gewähren!


UNSERE DEUTSCHEN DAKARHELDEN:



Erfolgreichster deutscher Teilnehmer war wieder Dirk von
Zitzewitz
aus Eutin, der mit Giniel De Villiers im Toyota Hilux
V8 auf Platz zwei fuhr. Das deutsch-südafrikanische Duo erwies
sich nach dem Strohfeuer der Buggyteams erneut als
einziger ernstzunehmender Widersacher gegen die Mini-
Armada.


Der deutsche Rallyemeister Matthias Kahle aus Köln und sein Hamburger Co Thomas Schünemann blieben mit Platz 13 im SAM – Mercedes ML 350 cdi des HS Software-Teams etwas hinter den Erwartungen zurück. Eigentlich waren die Top Ten ihr Ziel. Doch die dank Reglementsänderung erstarkten Buggys machten ihnen einen Strich durch die Rechnung. Dennoch lief der  SAM-Mercedes bei seiner Dakar-Premiere zuverlässig ins Ziel, und das ohne T4-Service-Truck, der bereits zu Beginn der Rallye ausfiel.


Der Offenbacher Unternehmer Stephan Schott und sein Leipziger Copilot Holm Schmidt waren heuer im Mini von allerlei Pech verfolgt. Von defekten Kühlern und zahlreichen Buddelaktionen in der Wüste träumen die zwei wahrscheinlich noch ein paar Wochen.
Thomas Wallenwein half ihnen mehrfach mit dem X-raid Race Truck aus der Patsche. Am Ende, nach einer sehr anstrengenden Dakar 2013, Platz 48 für die tapferen Kämpfer.

 


Noch schlimmer traf es die Münchenerin Stefanie Manns. Manns und ihr Copilot Benjamin Zirbus hatten für eine mittlere sechsstellige Summe einen McRae Enduro von einem holländischen Team gemietet. Dafür erwarteten sie auch einen professionellen Service. Doch dies war leider nicht der Fall. „Am vierten Tag ging es los mit den Problemen. In den Dünen haben wir uns verbuddelt.“ Das ständige Anfahren im Sand endete mit Kupplungsschaden. Nach Übernachtung in der Wüste erreichten Manns/Zirbus das Etappenziel in Arequipa am nächsten Morgen. „Das Auto wurde repariert. Zum Schlafen blieb keine Zeit, wir mussten weiter.“ Auf der folgenden Etappe zwischen Arequipa und dem chilenischen Arica wurde die Ölwanne undicht. Das Team war nicht in der Lage, das Leck ordentlich abzudichten. „Ich glaube, dass in dem Service-Truck gar keine Mechaniker  sitzen. Man hat eher das Gefühl, dass es da zugeht wie auf einem Kegelausflug“, äußert sich Stefanie Manns fassungslos. Am nächsten Tag gab auf dem Weg zum Start noch ein Injektor den Geist auf. Folge: Kurzschluss im Motorsteuergerät. Der Servicetruck hatte diese Ersatzteile nicht dabei – Endstation!


In der Lkw-Wertung fuhren neben Matthias Behringer, der im HS-Software-MAN mit defektem Lüfter ausfiel, noch die beiden X-raid-Trucks. Auf Platz 26 landeten Team Klaus Bäuerle/Philipp Beier/Tim Brylla (MAN) und (mit Rang 56 immer noch in der Wertung) Thomas Wallenwein/Philipp Rettig/Michael Baumann (MAN).




Siegerliste Dakar 2013 - PKW (91 von 163 im Ziel )
1. Peterhansel / CottretF / F Mini Countryman38.32.39 h
2. De Villiers / v. ZitzewitzZA / DToyota Hilux V8+ 00.42.22
3. Novitzkiy / SchulzRus / DMini Countryman+ 01.28.22
4. Roma / PérinE / FMini Countryman+ 01.36.43
5. Terranova / FiuzaArg / PorBMW X3+ 01.49.10
6. Sousa / RamalhoPor / PorHaval Great Wall+ 02.38.16
7. Chabot / PillotF / FSMG Buggy V8+ 03.18.05
8. Chicherit / GarcinF / FSMG Buggy V8+ 03.27.44
Siegerliste Dakar 2013 - LKW (60 von 76 im Ziel )
1. Nikolayev / Savistin / RybakovRusKamaz39.41.43 h
2. Mardeev / Belayaev / MirniyRusKamaz+ 00.37.10
3. Karginov / Devyatkin / MokeevRusKamaz+ 00.37.57
4. de Rooy / Colsoul / RodewaldNLIveco+ 00.41.16
5. Kolomy / Kilian / KilianCZTatra+ 01:01:47
24. Bäuerle / Beier / BryllaDMAN+ 12.15.18
56. Wallenwein / Rettig / BaumannDMAN+ 111.41.21
out Behringer / Kupper / KargD / NLDMAN


T | Jörg Sand  F | Fischer/Teams



Jörg Sand:

www.sand-medien.de

Seit zwölf Jahren ist der Politologe für OFF ROAD bei Rallyes auf allen Kontinenten unterwegs. Sand-Insider der Szene und selbst erfolgereich bei Profirallyes aktiv - organisiert zudem die GORM.

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