Roadtrip der Extreme: Mit dem RAM Rebel durch Kanada

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Weite Landschaften – Wälder über Wälder, nur unterbrochen durch Seen. Seen, die so groß sind wie das Meer. Leise hören wir bunte Blätter im Wind rascheln, bevor wir ihn wieder starten. Unser amerikanisches Gegenstück zum Golf GTI – den RAM Rebel.

Mit einem riesigen Kühlerschlund und dunkel hinterlegten Scheinwerfern erwartet er uns am Flug­hafen von Toronto – auf den Namen „Rebel“ hat Dodge das Offroad-Sondermodell des RAM getauft. AEC Europe, seines Zeichens ein autorisierter Dodge-Importeur, hat uns den neuesten Pick-up-Truck in Kanada zur ersten Fahrt bereitgestellt. Für knapp 63?000 Euro findet der Amerikaner seinen Weg über den großen Teich – angetrieben wird der 5,8 Meter lange und über zwei Meter breite Rebel standesgemäß von einem bassig bollernden V8. Das HEMI-Triebwerk schöpft seine 396 PS aus dem Vollen: 5,7 Liter Hubraum stehen auf der Habenseite. Da haben es die grobstolligen Toyo Open Country A/T mit der Kraftübertragung auf glattem Asphalt naturgemäß nicht leicht.

Für den europäischen Straßenverkehr völlig normal starten wir an der ersten Ampel mit leichtem Gas – und schon legen wir einen quietschenden Power-Slide hin. Sperrt man die Kraftverteilung dieses schwarzen Riesen nicht per Tastendruck auf 50:50, werden allein die Hinterräder angetrieben. Und die haben in unserem Fall nicht schwer zu tragen – die Ladefläche ist wie leergefegt, kein Gewicht drückt die Gummistollen gen Boden. So müssen wir mehr losrollen als -fahren – gemütlich cruisen wir durch den Stadt­verkehr, passen uns dem gediegenen Fahrstil der Kanadier an.



Zu Beginn unserer Fahrt haben wir noch befürchtet, es könnte uns in Stress versetzen, den RAM durch die Straßenschluchten zu manövrieren. Doch schnell sind wir tiefenentspannt. In Leerlaufdrehzahl bollern wir dahin – immer mit dem guten Gefühl, schier unendliche Leistungsreserven zu haben. Die Automatik legt mühe- und ruckellos die acht Gänge nach, im Radio laufen die 70s on 7. „Lay back in the arms of someone“ singt Smokie, wir kuscheln uns in die breiten Sessel. Mit rotem Leder sind ihre Seitenteile bezogen, Beinauflage und Rückenfläche weisen das Muster der All-Terrain-Reifen auf. Liebevoll ist der Rebel hergerichtet – überall erblicken wir Ziernähte und rote Einfassungen, selbst das Armaturenbrett ist mit Kuhhaut überzogen. Die Verarbeitungsqualität hat die alten amerikanischen Tage längst hinter sich gelassen, selbst der Durst unseres mächtigen V8 hält sich in Grenzen. Auf dem Weg über den Freeway bis an die Niagara-Fälle und zurück an den Lake Huron nimmt sich der HEMI kaum mehr als 10 Liter pro 100 km. Auf dem Trans-Canada-Highway fahren wir entlang des flächenmäßig größten Süß­wasser­sees der Erde – des Lake Superior. Er glänzt im Sonnenschein, immer wieder halten wir an einsamen Buchten und schauen gen Horizont. Unfassbar, dass wir tatsächlich nicht an einem Meer stehen. Wir müssen das Wasser schon kosten, um jeden Zweifel auszuräumen.



In Kanada ist eben alles eine Nummer größer – gefühlt noch größer als in den Staaten. Flussläufen folgend kommen wir durch unendliche Wälder, queren bald die Grenze von Ontario nach Manitoba. Die weitestgehend unbeachtete Mitte Kanadas zieht uns in ihren Bann – lässig gleiten wir mit unserem Truck vorbei an riesigen Feldern. Nur wenige Menschen sind auf den breiten Straßen unterwegs – und diese wenigen fahren zu 99 Prozent große SUV oder praktische Pick-up-Trucks.

Auf unserem Weg gen Norden biegen wir von der asphaltierten Straße ab, bewegen uns auf Schotterpisten. In menschenverlassene Gegenden dringen wir mit unserem Rebel vor, halten an glasklaren Seen inne und entdecken auf kurzen Trails die wilde Waldlandschaft. Nur selten müssen wir unseren Truck verlassen: Selbst unter den Differenzialen trennen den RAM 220 mm vom Erdreich der kanadischen Wälder, dazu kann man sein Luftfederung nach oben pumpen. Entspannt überqueren wir Stock und Stein – anders als manch europäischer Lasten­esel ist der RAM voll auf Komfort getrimmt, überrascht mit seinem bequemen, aber nicht schaukeligen Fahrwerk und der guten Geräuschdämmung. So lässt sich das Treiben der Natur perfekt beobachten – und es dauert nicht lange, da erblicken wir den ersten Schwarz­bären. Erstaunt scheint er von dem seltenen menschlichen Besuch, stellt sich auf seine Hinterbeine, um uns genau beobachten zu können. Nicht mehr weit ist es, bis wir am Endpunkt unserer Reise ankommen.



Weiter als bis Gillam kommen wir auch mit unserem auf harte Offroad-Einlagen vorbereiteten RAM Rebel nicht – von hier aus führt nur noch die Hudson Bay Railway weiter gen Norden. Ihr Endpunkt ist das unter Eisbär-Fans wohlbekannte Churchill. Ab Ende Oktober machen sich dort viele Abenteurer auf die Suche nach den ausgehungerten Tieren – aus dem Landesinneren strömen diese jeden Herbst an die Küste der Hudson Bay und warten dort auf das Zufrieren des Meers, um endlich wieder auf Robbenjagd gehen zu können.

Text/Fotos: Julian Hoffmann

Der Bericht erschien erstmalig im SUV-Magazin 06/15

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