Treffen der Unikate

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Es gibt so Tage im Leben eines Mercedes G-Fans, die sollten nie zu Ende gehen. Ich hatte neulich so einen Tag und schwelge immer noch in den wunderbaren, dieselgetränkten Erinnerungen. Aber ihr habt Glück! Ich behalte sie nicht für mich, sondern nehme euch mit auf eine fünffache Begegnung der einmaligen Art ... Danke, Daniel!



Unsere Nr. 3 der Vorserie ist gleichzeitig der dreiundzwanzigste jemals gebaute G.
Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Wir stehen vor einem Klotz echter Automobil-Geschichte. Und alles kommt einem sofort vertraut und familiär vor, denn seine Form hat sich seit 1978 nicht verändert. Als Antrieb der Protos diente den Ingenieuren von Steyr-Daimler-Puch der zu diesem Zeitpunkt im Mercedes W 123 schon lange bewährte 90-PS-Benziner mit Stromberg-Vergaser.



Unverwüstlichkeit und für einen Benziner gutes Drehmoment wollte man seinen ersten Schöpfungen auf ihren Test-Reisen zu verschiedenen Interessenten mitgeben. Ein Konzept, dessen Erfolg, wie wir heute wissen, alle Erwartungen übertroffen hat.



Der Siegeszug des Grazer Urgesteins hält bekanntlich unverändert an. Nr. 3 ging zunächst als normaler 2850-Station-Wagon zur Schweizer Armee, brauchte somit um sein Leben nicht fürchten und wurde dort gemustert. Aber die Eidgenossen schickten ihn zurück nach Graz, mit der Bitte, ein Cabrio mit vier rahmenfesten Türen zu bauen, was sie für militärisch sinnvoller hielten. Steyr kam dem Wunsch nach und lieferte Nr. 3 so, wie er jetzt noch zu sehen ist, wieder aus. Er wurde ausgemustert und bleibt ein Unikat!



Statt im Museum zu verstauben, will er bewegt werden. Wie er sich fährt? Stellt euch vor, ihr könntet einen Tempel fahren und der Altar ist das Lenkrad. So fährt er sich!




Ein Biest von einem G ist die 3400er-DoKa aus dem Jahre 2001.
Wie ein Hochhaus ragt der 290 Turbodiesel mit Werkstatt-aufbau in den Himmel und bietet auch ohne Portalachsen einen ehrwürdigen Anblick. Nur 130 Stück lieferte Mercedes überhaupt von den langen DoKa-Fahrgestellen an zivile Endnutzer aus. Hier steht nun einer vor uns, der schon nicht mehr unter den Fahrenden weilte.



Ein schlimmer Unfall vor einigen Jahren knickte und zerstörte den Rahmen des „Kleinen“ fast komplett. Doch er konnte erfolgreich reanimiert werden und dreht wieder fröhlich und uneingeschränkt seine Runden. Ursprünglich als Werkstattwagen für einen Abschleppdienst konzipiert, wurde er als reines Fahrgestell ausgeliefert.



Rahmenaufnahme und Werkstattkoffer mit seitlichen Rolltoren kamen später auf Kundenwunsch dazu. Gefertigt im Jahre 2001, ist er einer der letzten 290 Turbodiesel mit dem Dauerläufer M602 und der 722er-4-Gang-Automatik. Beschleunigungsrennen fallen aus, aber Drehmoment und Haltbarkeit sind einfach durch nichts zu ersetzen.



So gehen meine Mundwinkel, analog langsam zum Tacho, hoch, als ich den Monster-Brotkasten in Bewegung setze und mit dem Hochhaus über die Äcker pflüge. Die Fotografin winkt schon lange ab, hat alle Bilder, die sie braucht. Ich tue so, als hätte ich es nicht gesehen. Ich bin verliebt und weiß noch nicht, wie ich es meinem 290-GD-Kasten beibringen soll.




Stell dir vor, du hast 21 Brüder und alle müssen in den Krieg, nur du sitzt allein zu Hause ...
Da ist Private Ryan ein Scheißdreck gegen! 2002 meldete die Bundeswehr Bedarf für ein spezielles Einsatzfahrzeug für die KSK-Truppe (Kommando-Spezial-Kräfte) an, da sich der eigene Wolf und die von den USA geliehenen HMMWV als ungeeignet für den Aufklärungseinsatz in Afghanistan entpuppten.



So wurde der Serval in nur einem Jahr von Rheinmetall entwickelt und von Binz aufgebaut. Hochgeländegängig, luftverlastbar und mit guter Bewaffnung und leichter Panzerung versehen, sollte er für Aufklärungs- und Gefechtseinsätze gerüstet sein.



Vier Mann stellen die Besatzung: Fahrer, Beifahrer, Bordschütze an MG oder Granatmaschinenwaffe. Ein Sitz gegen die Fahrtrichtung ist für die Sicherung nach hinten gedacht. Vorstellung und Auslieferung erfolgten im Frühjahr 2003. Einundzwanzig Serval gingen nach Afghanistan und einer blieb als Versuchskaninchen und Aussteller zurück.



Er geriet in Vergessenheit und wurde vor 6 Jahren von G-Enthusiast und Sammler Reiko Dilling entdeckt und nach langem Hin und Her endlich erworben. Motor, Achsen und Anbauteile fehlten und der Zustand war schlecht. 5 Jahre hat es gedauert und reichlich Akribie und Perfektion gefordert, ihn wieder im Original-Zustand olivgrün „ermatten“ zu lassen. Aber das ist vielleicht eine andere Geschichte. Meine absolute Hochachtung!




Die Unikate nehmen einfach kein Ende!
Die beiden letzten G, die ich euch vorstellen möchte, fahren auch nur einmal in Deutschland rum. Der Modernste in der Runde ist unser Freund aus Dänemark. Baujahr 2006 – und schon a.D.! Während seine Kumpel in Südskandinavien und im Rest der Welt noch fleißig ihren Dienst verrichten, genießt er in fürsorglicher privater Hand seinen Ruhestand in Dresden.



Der 270 CDI mit 5-Gang-Automatik wurde als sogenannter „Escort“ für den Begleitschutz eingesetzt. Neben dem Fahrer musste ein Soldat für die Absicherung nach vorne sorgen. Es gab also nur eine Windschutzscheibe auf der Fahrerseite. Damit der Haussegen nicht schief hängt oder die Beifahrerin nur noch mit Helm mitreisen kann, wurde bei der GFG in mühevoller Kleinarbeit eine zweite Scheibe nach Vorbild der ersten aufgebaut. Der Look bleibt original, der Nutzwert vergrößert sich merklich!



Der Letzte im Bunde der Einmaligen ist ein 290 TD Single-Cab mit einem langen 3400er-Rahmen und der einzige zivile Wechselkoffer-Aufbau zurzeit, der privat um die Welt reisen könnte. Er sucht ein neues Zuhause, um endlich vernünftig umgebaut zu werden und mit seinem neuen Besitzer auf große Fahrt zu gehen. Platz gibt es reichlich im Wechselkoffer und alle Seitenteile können sogar praktisch aufgeklappt werden. Mit passender Zeltlösung kommen so locker 25 m²-Wohnraum zustande. Wer will ihn haben?




Der Herr der Gs

2009 gründete Daniel Wiesel mit Jörg Sand die GFG. Schon in kurzer Zeit hat man sich zum Marktführer für die Grazer Wunderwerke entwickelt. Ob Einzelanfertigung, Rallye-G oder Klassiker. Er kennt sie alle.

Weitere Infos unter: www.g-raid.de

 

F l Sandra Biegun T l Dr. Björn Schulz



Dieser Artikel ist zum ersten Mal in der OFF ROAD Ausgabe 10/15 erschienen. 

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